Mandy | Veröffentlicht am |
Werden Babys ohne Schnuller Daumenlutscher?
Mythen rund um den Schnuller - was ist dran?

Schnuller gehören heute bei den meisten zur Babygrundausstattung. Er ist ein Symbol für Babys. Man findet ihn zum Beispiel auch auf Glückwunschkarten zur Geburt.
Auch ich hielt Schnuller vor der Geburt meiner Kinder für ein unverzichtbares Baby-Zubehör. Zur Geburt bekamen wir dann diverse Modelle geschenkt. Meine Hebamme gab mir den Rat, meinem Baby erst den Schnuller anzubieten, wenn sich das Stillen nach ein paar Wochen eingespielt hat.
Als ich nach dieser empfohlenen Zeit meinem Baby den Schnuller anbot, verzog es das Gesicht, als würde ich ihm etwas völlig Ungenießbares anbieten. Dabei spuckte es den Schnuller mehrmals aus als wollte es mir sagen: „Mama, ist das dein Ernst? Was soll ich damit? Ich brauche etwas anderes.“ Damit hatte sich das Thema Schnuller für uns erledigt.
Für mich war es der Anlass, mich mit dem Thema etwas näher zu beschäftigen. Ich war erstaunt, wieviele Mythen und Irrglauben rund um das Schnuller-Thema verbreitet sind.
Diese möchte ich dir hier gern weitergeben, damit du und dein Baby einen entspannten und für euch passenden Weg im Umgang mit dem Schnuller finden könnt.
Warum gibt es Schnuller?
Menschenbabys werden als Säuglinge geboren. Das bedeutet, sie haben ein angeborenes Saugbedürfnis. Dieses sichert ihr Überleben, da sie dadurch gestillt und ernährt werden können. Darüber hinaus sorgt das Saugen an der Mutterbrust für Nähe und beruhigt das Baby. Grundsätzlich und ursprünglich kann ein Baby sein gesamtes Saugbedürfnis an der Brust stillen. Jedoch haben sich unsere Welt und ihre Herausforderungen stark verändert. Auch das Saugbedürfnis kann bei jedem Baby sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Gab es Schnuller schon immer?

Solange es Menschen gibt, wurde versucht einen Ersatz für die Mutterbrust zu finden. Es gibt historische Belege, die Schnuller aus Ton oder Lutschbeutel aus Stoff zeigen. Erst 1845 wurde der erste Gummisauger entwickelt. Mitte des 20.Jahrhunderts wurde eine gaumenangepasste Form auf den Markt gebracht.
Rund um den Schnuller gibt es noch immer viel Irrglauben und Mythen. Was davon stimmt und was nicht?
Sind abgeschrägte Schnullerformen kiefergerechter?
Dies ist eine Fehlannahme, da sie von einem falschen Verständnis des Saugens an der Brust ausgeht. Die Technik des Saugens an der Brust ist eine völlig andere als beim Saugen an einem Schnuller oder einer Flasche. Dieser Fehler wurde von der Industrie erkannt. Dennoch hält sich dieses Märchen bis heute.
Sind flache Schnuller besser als runde?
Nein. Erstens gibt es keine erprobte gaumenfreundliche Schnullervariante. Zweitens scheint die bevorzugte Schnullerform von Kind zu Kind sehr individuell verschieden zu sein.
Braucht mein Baby einen größeren Schnuller, wenn es älter wird?
Nein. Ein größerer Schnuller bedeutet auch, dass der Mund weiter geöffnet bleibt. Dies fördert ungünstigerweise, dass die Kinder überwiegend über den Mund atmen. Dies wiederum bedingt, dass der Mund trocken wird. In einem trockenen Mund werden die Zähne zu wenig vom Speichel umspült, der die Zähne remineralisiert. Trockene Zähne werden somit anfälliger für Karies. Eine überwiegend angewöhnte Mundatmung begünstigt außerdem Erkältungskrankheiten. Außerdem bleibt die Größe der Mutterbrust auch gleich, wenn das Baby größer wird.
Gibt es bei Schnullern Qualitätsunterschiede? Welche Schnuller sind die besten?
Bei der Auswahl des Schnullers kann vor allem auf die Materialzusammensetzung geachtet werden. Auch hier gilt, je natürlicher umso besser. Auch wenn Weichmacher inzwischen aus den Kunststoffen auf dem Markt herausgenommen worden sind, bleibt es ein Kunststoff. An diesem saugt ein Baby unter Umständen mehrere Stunden am Tag und nimmt Stoffe daraus in seinen Körper auf. Es gibt Latex-, Silikon- und Naturkautschuk-Schnuller. Zu beachten ist, das manche Kinder allergisch auf Latex reagieren können. Bezüglich der Saugerform ist dein Baby der beste Qualitätsexperte und wird dir zeigen, was es bevorzugt.
Sind Schnuller generell schlecht?
Nein. Jedoch sollte bei der Verwendung eines Schnullers einiges beachtet werden:
- Schnuller ähnlich wie ein Medikament verwenden:
Schnuller sollten gezielt, dosiert und bewusst eingesetzt werden, z.B. nur zum Einschlafen oder Beruhigen. Danach sollte der Schnuller wieder aus der Blick- und Reichweite des Babys entfernt werden, um nicht ständig präsent zu sein.
Wenn ein Kind länger als 6 Stunden pro Tag und das über mehr als 2 Jahre einen Schnuller trägt, kann dies zu Kieferverformungen, Zahnfehlstellungen, Zungenfehlstellungen oder Sprachfehlern führen.
- Schnuller nie gegen den Willen des Babys einsetzen:
Viele Babys schieben den Schnuller wieder aus dem Mund heraus und lehnen ihn in diesem Moment ab. Hier scheint das Baby gerade ein anderes Bedürfnis zu haben. Die Herausforderung für Mama und Papa heißt nun, herauszufinden, was ihr Baby jetzt braucht.
- Frühestens 4-6 Wochen nach der Geburt dem Baby einen Schnuller anbieten.
Dann hat sich das Stillen meist eingespielt. Da das Saugen an der Brust ein völlig anderes ist als am Schnuller wird das Baby dadurch nicht verwirrt und der Stillstart nicht gestört.
- Möglichst einen weichen, anpassungsfähigen Schnuller verwenden mit kleinem Durchmesser im Lippen- und Zahnbereich.
Dies hat Einfluss auf den Mundschluss und die Zahnentwicklung.
- Schnuller möglichst im Körperkontakt mit Mama oder Papa anbieten.
Ein Schnuller zur Beruhigung kann nie die beruhigende Nähe von Mama oder Papa ersetzen. Der Schnuller ist immer nur ein Hilfsmittel.
Sollte immer ein Schnuller zur Beruhigung angeboten werden, wenn das Baby schreit oder unruhig wird?
Nein. Wenn dein Baby weint, will es dir damit etwas sagen. Die ist seine einzige Möglichkeit, dir etwas mitzuteilen. Irgendetwas passt gerade nicht. Es ist mit irgendetwas unzufrieden.
Die Ursache der Unruhe herauszufinden, ist Aufgabe von Mama und Papa und nicht immer einfach. Gründe für das Weinen eines Babys können sehr vielfältig sein. Jedes Weinen deines Babys ist ein Hilferuf, auf den du in jedem Fall reagieren solltest. Babys kann man dabei nicht verwöhnen – ein weiterer Mythos. Denn ein Baby ist noch nicht in der Lage, sich seine Bedürfnisse, wie z.B. nach Nahrung oder Nähe, selbst zu erfüllen.
Auf jeden Fall haben schreiende Babys nicht immer ein Saugbedürfnis. Deshalb ist ein Schnuller nicht immer das geeignete Mittel. Weitere Gründe für das Schreien können u.a. Langeweile, Nähebedürfnis, Reizüberflutung, Müdigkeit sein. Manchmal verarbeiten Babys auf diesem Weg einfach Erlebtes und teilen uns dies auf diese Art mit.
Stell dir vor, du möchtest deiner Freundin etwas erzählen, was dir Sorgen macht und sie steckt dir ständig etwas in den Mund, damit du dich beruhigst. Würdest du dich dann verstanden fühlen? Ähnlich geht es manchmal unseren Babys.
Saugen bedeutet auch Stressabbau. Aber dies machen Babys am liebsten an der Brust bzw. im Körperkontakt mit Mama oder Papa. Manchmal hilft nichts anderes als deinem Baby „zuzuhören“ und sein Weinen im Körperkontakt zu begleiten. Dabei erfährt es, dass es nicht allein ist und auch ein Recht hat, zu „sagen“, was es stört. Dies stärkt außerdem eure Bindung und das Urvertrauen deines Babys.
Um die Signale deines Babys und seine Körpersprache besser verstehen zu lernen, kann z.B. ein Eltern-Kind-Kurs wie z.B. PEKiP® beitragen.
Sollte ein Baby gar nicht aufhören wollen zu saugen, kann dies ein emotionaler Hilfeschrei sein, dem Eltern nachgehen sollten.
Werden Babys ohne Schnuller Daumenlutscher?
Nicht unbedingt. Wenn ein Baby auf anderem Weg sein Saugbedürfnis und seine anderen Bedürfnisse ausreichend befriedigen kann, wird es nicht zum Daumenlutscher.
Das Saugen beruhigt und baut Stress ab. Kinder mit unerfüllten Bedürfnissen können später u.a. auch Nägel kauen, Stifte kauen oder Lippensaugen. Wenn du immer prompt auf dein Baby reagierst, wenn es z.B. die ersten Hungeranzeichen zeigt, lernt es, dass auf dich Verlass ist. Dieses entstandene Vertrauen wird es später auf andere Personen und Situationen übertragen. Dadurch braucht es keine Ersatzbefriedigung wie das Daumenlutschen.
Vorübergehend kann es in der Zeit, in der Babys ihre Hände entdecken (etwa um den 3. Lebensmonat) vorkommen, dass ein Baby am Daumen lutscht. Dies ist jedoch nicht gleich ein Grund zur Sorge. Dies vergeht meist von allein.
Doch selbst tatsächliche Daumenlutscher müssen später beim Spielen den Daumen aus dem Mund nehmen. Ein Schnuller kann beim Spielen im Mund bleiben… dies nur am Rand.
„In Gesellschaften in denen Kinder so oft und so lange an der Brust trinken können wie sie wollen, gibt es keine Daumenlutscher.“ (Völkerkundlerin Margaret Mead)
Wie kann ich meinem Kind den Schnuller abgewöhnen?
Der Abschied vom Schnuller kann für manche Kinder schwer werden. Was ich nicht angewöhne, muss ich auch nicht abgewöhnen.
Es wird empfohlen, den Schnuller nur bis zum 1. Geburtstag zu nutzen. Dann beginnt die Sprachentwicklung, bei welcher ein Schnuller im Mund hinderlich sein kann.
Es gibt ein paar schöne Tipps und Rituale, die den Abschied vom Schnuller erleichtern können:

- Schnullerbaum: Dies ist eine Tradition aus Dänemark. Der Abschied vom Schnuller wird mit einem positivem Erlebnis verbunden. Der Schnuller wird an einen Baum gehangen, an dem auch Schnuller anderer Kinder hängen. Das Kind hat die Möglichkeit jederzeit seinen Schnuller wieder zu besuchen und sieht, dass auch andere Kinder ihren Schnuller abgegeben haben.
- Schnullerfee: Dies stammt aus dem angloamerikanischem Raum. Dabei tauscht die Schnullerfee ähnlich wie die Zahnfee den Schnuller gegen ein Geschenk.
- Abschiedsfest: Der Schnuller wird an ein anderes (fiktives) Baby verschenkt und das Kind wird mit einem Geschenk dafür belohnt.
- Tausch: Manche Kinder tauschen ihren Schnuller an ihrem Geburtstag oder an Weihnachten gegen ein ersehntes Geschenk ein.
Gibt es Ausnahmen, wo ein Schnuller besonders förderlich sein kann?
Natürlich. Wenn ein Baby außergewöhnlich viel schreit, kann dies bei den Eltern ziemlich an die Nerven gehen. Um seine Nerven zu schonen oder um sich und das Baby in Überforderungssituationen zu schützen, ist es völlig legitim zu Hilfsmitteln wie dem Schnuller zu greifen.
Auch Frühchen profitieren oftmals vom Schnuller, da ihr Saugbedürfnis und damit sein Trinkfähigkeit meist noch nicht ausreichend entwickelt ist und dadurch gefördert werden kann.

Ein Schnuller ist ein legitimes Hilfsmittel. Bevor man sich dafür oder dagegen entscheidet, lohnt es sich, sich mit den Vor- und Nachteilen zu beschäftigen. Ein Schnuller bleibt ein künstlicher Brustersatz und kann die Nähe von Mama und Papa nicht ersetzen. Weniger ist auch hier mehr. Ein lachendes Baby ist doch immer noch ohne Schnuller am schönsten.
Wie handhabt ihr es mit dem Schnuller? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Schreibt dies gern in den Kommentaren.
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